Hannover (28. Februar 2019). Der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) e. V. bilanzierte in diesem Jahr eine erfolgreiche Neuauflage seines traditionellen Currywurstabends: Am 27.02.2019 trafen sich rund 230 Gäste beim mittlerweile sechsten Parlamentarischen Abend in Hannover, um sich über aktuelle Themen des Verkehrsgewerbes auszutauschen.
Unter den Gästen waren neben 60 Abgeordneten des Landtages u. a. Landtagsvizepräsidentin Petra Emmerich-Kopatsch (SPD), die Stv. CDU-Fraktionsvorsitzende Mareike Wulf, der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Stefan Klein, und Wirtschafts- und Verkehrsminister Dr. Bernd Althusmann (CDU). Aus Berlin nahm die Bundestagsabgeordnete Kirsten Lühmann von der SPD-Fraktion teil.
Die Teilnehmer diskutierten bei Currywurst und Kaltgetränken u. a. über Auswirkungen drohender Dieselfahrverbote, Fahrverbote an bundesuneinheitlichen Feiertagen, Sicherheit auf niedersächsischen Straßen, Infrastrukturverbesserung, Digitalisierung, Kommunalisierung im ÖPNV, Vorstöße zur Liberalisierung des PBefG und disruptive Geschäftsmodelle wie MOIA. Auch der Fahrermangel, die Erhöhung des Mindestlohns und der Brexit waren Gesprächsthema.
Foto 1: GVN-Hauptgeschäftsführer Benjamin Sokolovic, Dr. Bernd Althusmann (Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung) und GVN-Präsident Mathias Krage (v. l.).
Foto 2: GVN-Hauptgeschäftsführer Benjamin Sokolovic, Uwe Lange (Leitender Polizeidirektor der Polizeidirektion Hannover), Volker Kluwe (Präsident der Polizeidirektion Hannover) und GVN-Präsident Mathias Krage (v. l.).
„Die privaten, im ÖPNV tätigen, Omnibusunternehmen müssen leider feststellen, dass die von der Rot-Grünen Landesregierung getroffene Entscheidung zur Verstaatlichung des ÖPNV fortbesteht. Müssen wir wirklich warten, bis das Bundesverwaltungsgericht diese Praxis verbietet? Eine Kurskorrektur ist dringend erforderlich. Im Kommunalverfassungsgesetz ist die Nachrangigkeit des Staates für die wirtschaftliche Betätigung von Kommunen vorgesehen und im PBefG der Vorrang der Eigenwirtschaftlichen Verkehre vor staatlichen Verkehrsleistungen. Im ÖPNV wird es Zeit für eine nachhaltige, familien- und mittelstandsorientierte Politik. Wir sind für fairen Wettbewerb und nicht für die fortschreitende Verstaatlichung des ÖPNV. Wir wollen nicht, dass regional verwurzelte Omnibusunternehmen nach und nach ihre Betriebe schließen müssen, weil sie durch den Ordnungsrahmen dazu gezwungen werden“, so GVN-Hauptgeschäftsführer Benjamin Sokolovic zu den anwesenden Politikern. Er appellierte mit den Worten „Mehr Mittelstand wagen!“ an die Abgeordneten, sich für den Erhalt der mittelständischen Unternehmen und ihrer Mitarbeiter einzusetzen.
Das Taxi- und Mietwagengewerbe muss sich mit Wettbewerbern wie UBER und myTaxi auseinandersetzen, die abseits der für Taxi und Mietwagen geltenden gesetzlichen Vorschriften massiv in den Markt drängen. Benjamin Sokolovic: „Jetzt kommt auch noch MOIA hinzu. Was die VW-Tochter unter fairem Wettbewerb versteht, führt man gerade in Hannover vor. Seit Monaten fährt dieses nach eigener Einschätzung moderne, nachhaltige Unternehmen entweder leer oder nur schwach besetzt mit VW-Bussen, die 14 Liter oder mehr Sprit verbrauchen, durch die niedersächsische Landeshauptstadt und belastet durch diese permanenten Leerfahrten und Mehrverkehr die Straßen Hannovers.
Damit MOIA endlich ein Erfolg wird, hat man sich den Markt erkauft, sein Bediengebiet ausgeweitet und aktuell auch neue Preise ausgerufen. Für pauschal 5 Euro pro Fahrt! Zu diesen Konditionen kann kein normaler Taxi- oder Mietwagenunternehmer antreten, denn im Unterschied zur VW-Tochter MOIA, die mit hunderten Millionen des Großkonzerns ausgestattet ist, müssen die Taxiunternehmer ihre Betriebe wirtschaftlich führen, Woche für Woche, Monat für Monat.“ Sokolovic forderte Wirtschafts- und Verkehrsminister Althusmann auf, diesen staatlich subventionierten Verdrängungswettbewerb zu stoppen: „Wer die öffentliche Mobilität in die Hand von Konzernen gibt, gefährdet die Mobilitätsversorgung aller Bevölkerungsgruppen.“
GVN-Präsident Mathias Krage griff das Thema Fahrverbote auf: Nachdem in Hamburg ganze zwei Straßen für einige Dieselfahrzeuge gesperrt wurden und Berlin Mitte des Jahres Verbotszonen einrichten muss, ist in Stuttgart seit dem Neujahrstag das komplette Stadtgebiet tabu. „Ich frage mich: Lassen wir es wirklich zu, dass wir uns von einer Umwelthilfe treiben lassen, die alles ist, nur keine Umwelthilfe, sondern ein Abmahnverein, ehemals gesponsert von Toyota und damit seine eigenen Ziele verfolgend. Diese sinnfreie Sperrung von Straßenzügen wird doch höchstens zu einer Verlagerung der Verkehre, aber mitnichten zu einer Emissionsreduzierung führen! Die Vollsperrung einer Stadt bedeutet das Abklemmen ihrer Versorgungsadern und Verlagerung des Handels in die Randgebiete. Kleinere Geschäfte in der Stadt werden auf der Strecke bleiben. Wir fragen die Politik: Können wir es uns leisten, die Versorgungsqualität der Bevölkerung derart einzuschränken, wenn alternative Antriebe für Nutzfahrzeuge weder serienreif, noch flächendeckend und schon gar nicht verfügbar sind? Bei einer politischen Abwägung darf doch der städtische Wirtschaftsverkehr nicht reglementiert werden“, so Krage. Er appellierte an die anwesenden Politiker, gemeinsam und mit Augenmaß und nicht mit Ideologie an die Dinge ranzugehen.
Der Präsident nahm auch Stellung zum neuen Feiertag (Reformationstag) in Niedersachsen und zu Fahrverboten: „Unsere Branche befürchtet wirtschaftliche Benachteiligungen durch neue Fahrverbote, die die Einführung des Reformationstages mit sich bringt. Der GVN hat daher die Landesregierung aufgefordert, sich bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, das Feiertagsfahrverbot für Lkw an den drei bestehenden bundesuneinheitlichen Feiertagen (Fronleichnam, Reformationstag und Allerheiligen) dauerhaft und flächendeckend aufzuheben, hilfsweise die bisherige Beschränkung in der Zeit von 0:00 bis 22:00 Uhr zu ersetzen durch ein geändertes Zeitfenster in der Zeit von 6:00 bis 22:00 Uhr.“
Abschließend versprach GVN-Präsident Krage für 2020 eine Neuauflage des Parlamentarischen Abends unter dem Motto: „Eine Currywurst bitte!“.