Kompliment! Damit hat die Fachvereinigung Taxi und Mietwagen im GVN bei bestem Willen nicht gerechnet.
Statt erhoffter 250 – 300 Fahrzeugen beteiligten sich nach polizeilich bestätigten Zahlen 450 Fahrzeuge am Taxikorso durch Hannovers Innenstadt. Unterstützung gab es auch von UnternehmerInnen z. B. aus Lüneburg, Oldenburg, Gifhorn, Braunschweig bis hin zu Leipzig und Frankfurt. Nur auf Hannover geschaut, bedeutet dies, dass 2/3 der Hannoverschen Taxen dabei waren. Damit hat das niedersächsische Gewerbe ein mehr als deutliches Signal gezeigt, dass es die im Eckpunktepapier aus dem Hause Scheuer zum PBefG vorgeschlagenen Änderungen des Personenbeförderungsrechtes nicht kampflos hinnehmen wird.
Erfreulich war auch, dass sich nach mehr als 2 Stunden gut 250 Teilnehmer mit Plakaten ausgestattet zum Fußmarsch zur Staatskanzlei aufgemacht haben, dem Treffpunkt der abschließenden Kundgebung.
So konnte dem Niedersächsischen Verkehrsminister Dr. Bernd Althusmann – er hatte sich kurzentschlossenen trotz gleichzeitiger Landtagssitzung für ein Statement zur Verfügung gestellt – aus erster Hand die Verärgerung im Gewerbe feststellen.
In seiner Begrüßung unterstrich Wolfgang Pettau, Geschäftsführer von Hallo Taxi 3811 und Vorstandsmitglied der Fachvereinigung Taxi und Mietwagen, das Motto der Veranstaltung: „Genug ist genug, das Schweigen muss ein Ende haben!“. Und es hat ein Ende, wie die große Beteiligung gezeigt hat. Er skizzierte die ohnehin schwierige wirtschaftliche Lage des Gewerbes, die immer heftiger werdenden Vorstöße gegen den Ordnungsrahmen sowie das immer aggressivere Vordringen von millionenschweren Konzernen in die Mobilitätsmärkte.
Als Beispiel hätten die Hannoveraner die VW-Tochter MOIA vor der Tür, die mit sog. „Preisaktionen“ von 5 Euro pro Stadttour immer wieder Schlagzeilen und Kunden sucht. So könne es nicht weitergehen, wenn man dauerhaft ein leistungsfähiges Gewerbe haben wolle, das den öffentlichen Personennahverkehr rund um die Uhr an 365 Tagen garantiert.
Der Präsident des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen und Vorsitzende der Fachvereinigung Taxi und Mietwagen Niedersachsen, Michael Müller (Foto links), arbeitete in seinem Grundsatzstatement alle wichtigen Passagen des Eckpunktepapiers heraus. Völlig inakzeptabel ist nach seiner Auffassung das Aufheben der Rückkehrpflicht. Diese sei nämlich eines der - wenn ich das zentrale - Unterscheidungsmerkmale zwischen Taxi und Mietwagen. Die geplante auf Aufhebung der Rückkehrpflicht würde dazu führen, dass sich Mietwagen überall bereitstellen könnten, während Taxis auf die behördlich festgelegten Halteplätze festgelegt wären. Alternativ würden die großen Mietwagenflotten massenweise in die Zentren der Stadt drängen oder aber im Suchverkehr nach Kunden Ausschau halten. Deshalb sei die Aufhebung der Rückkehrpflicht auch ökologisch kontraproduktiv und nicht begründbar. Ein weiterer Punkt seiner Rede war die Feststellung, dass das Öffnen der Märkte für die Plattform-Anbieter mit ihren Konzepten auf die Schaffung prekärer, scheinselbständiger Arbeitsplätze hinauslaufe. Vorprogrammiert sei, dass diese Konzepte dann am besten funktionieren, wenn Sozialabgaben und Steuern vermieden werden. Wie sonst könnten Plattformbetreiber wie UBER und Co. 25 % des Auftragsvolumens als Vermittlungsprovision beanspruchen und die Fahrten sollen dann noch deutlich unter Taxitarif angeboten werden? Da braucht man kein Betriebswirtschaftliches Studium, um zu begreifen, dass diese Konzepte auf dem Rücken der scheinselbständigen Fahrer und zu Lasten der öffentlichen Kassen laufen werden.
Minister Dr Althusmann (Foto rechts) sicherte den Kundgebungsteilnehmern zu, dass das Eckpunktepapier in Niedersachsen kritisch geprüft werde. Dabei werde man auch das Gespräch mit dem Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen suchen, so dass das Gewerbe die Chance hätte, seine Anliegen einzubringen. Man sei im Februar bei Veröffentlichung des Eckpunktepapiers in Niedersachsen durchaus „überrascht“ gewesen, dieses sei ohne vorherige Abstimmung mit den Ländern auf den Tisch gebracht worden. In keinem Fall wolle Niedersachsen prekären Arbeitsverhältnissen Vorschub leisten und ein fairer Wettbewerb müsse ebenfalls sichergestellt werden. Dafür erhielt er Beifall. Allerdings stellte er auch klar, dass bereits seit zwei Jahren ein Beschluss der Verkehrsministerkonferenz besteht, der Änderungen des PBefG anmahnt. Insofern sei beim PBefG Handlungsbedarf gegeben. Dabei wolle man aber darauf achten, dass die Rahmenbedingungen fair bleiben, für alle Beteiligten. Nach seiner Erfahrung haben noch kein Eckepunktepapier und kein Gesetz den Weg vom Entwurf bis zur endgültigen Fassung ohne Veränderung überstanden. Und für ihn steht fest, dass auch das PBefG-Eckpunktepapier noch gründlich korrigiert werde.
Zum Abschluss stimmten Wolfgang Pettau und Michael Müller die Kundgebungsteilnehmer noch auf weitere Maßnahmen ein.