Hannover (28. Februar 2020). Der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) e. V. bilanzierte in diesem Jahr eine erfolgreiche Neuauflage seines traditionellen Currywurstabends: Am Mittwoch, 26.02.2020 trafen sich rund 220 Gäste beim mittlerweile siebten Parlamentarischen Abend in Hannover zum Meinungsaustausch.
Unter den Gästen waren neben dem Wirtschafts- und Verkehrsminister Dr. Bernd Althusmann (CDU) zahlreiche Abgeordnete des niedersächsischen Landtages u. a. der Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Sebastian Zinke, der wirtschaftspolitische Sprecher Karl-Heinz Bley (CDU) sowie der verkehrspolitische Sprecher Karsten Heineking (CDU).
Scharfe Kritik an Polensprintern übte der Hauptgeschäftsführer des GVN, Benjamin Sokolovic, in seiner Rede. Diese hatte er als Sicherheitsrisiko ausgemacht. „Wir brauchen dringend eine Regulierung für sog. Polensprinter, schon ab 2,8 Tonnen“, so Sokolovic. Sein Hauptkritikpunkt: „Diese Fahrzeuge können rund um die Uhr mit übermüdeten Fahrern unterwegs sein und brauchen keine Ruhezeiten einzuhalten.“ Ein weiteres wichtiges Thema waren Lkw-Abbiegeunfälle. So habe es 2020 bundesweit bereits sechs Abbiegeunfälle gegeben, bei denen Radfahrer ums Leben gekommen seien, berichtete Sokolovic. Die neue Verpflichtung für Lkw- und Busfahrer, nur noch in Schrittgeschwindigkeit abzubiegen, sei gut gemeint aber ungeeignet. Besser seien bauliche Trennungen der Verkehrsströme oder eine Trennung der Grünphasen. Ergänzend müsse der Einbau von Abbiegeassistenzsystemen vorangetrieben werden sowie die schulische Verkehrserziehung.
Mit Blick auf die Klimapolitik betonte Sokolovic: „Die Transportbetriebe brauchen wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen, um den CO2-Ausstoß zu senken. Eine Stigmatisierung des Diesels, insbesondere im Schwerlastverkehr, hilft nicht. Kohlestrom für E-Mobilität ist keine Lösung und beim Thema Wasserstoff stehen uns gerade einmal 70 Tankstellen zur Verfügung … in ganz Deutschland!“ Sokolovic forderte: „Unsere Unternehmen brauchen praxisgerechte und bezahlbare Alternativen durch die Hersteller und Planungssicherheit durch die Politik. Beides ist noch nicht in Sicht.“
Auch im Busbereich übte Sokolovic Kritik an der Politik: „Die privaten, im ÖPNV tätigen, Omnibusunternehmen müssen feststellen, dass die von der Vorgängerregierung getroffenen Entscheidungen zur fortschreitenden Verstaatlichung des ÖPNV fortbestehen. Doch auch die Bilanz nach zwei Jahren Rot-Schwarz ist ernüchternd. Auf der Habenseite steht ein Entwurf für eine neue Busförderung und beim Förderprogramm zur CO2-Reduktion im ÖPNV überwiegen die Vorteile für die kommunalen Unternehmen. Das sind allesamt Wettbewerbsverzerrungen zulasten der privaten Omnibusunternehmen“, so der GVN-Hauptgeschäftsführer zu den anwesenden Politikern. „Es wird endlich Zeit für eine mittelstandsorientierte Politik. Wir wollen nicht, dass privat geführte Omnibusunternehmen nach und nach von den Kommunalen aus dem Markt gedrängt werden. Darin müssen wir sie gemeinsam, parteiübergreifend und aktiv mit Taten unterstützen“, schloss Sokolovic.
Die Taxi- und Mietwagenunternehmer bewegen aktuell eine Handvoll Themen: Neben dem 365-Euro-Ticket ging es um die geplante Streichung der Ortskundeprüfung, die Einführung eines Taxitarif-Korridors, die Karenzzeit für Mietwagen sowie die Standplatzpflicht für Taxis. „Mit dem ÖPNV quasi zum Nulltarif würden mit dem 365-Euro-Ticket Mittel in den Ballungsräumen investiert, die aber dringend für den ÖPNV auf dem Lande gebraucht werden“, warnte Sokolovic. Die geplante Einführung eines Taxitarif-Korridors ermögliche willkürliche Preisgestaltungen, was die öffentliche Mobilität für jedermann, gerade in der Fläche, gefährdet. „Wann?“, so fragt Sokolovic „hat sich zuletzt ein Chemopatient mit Öffis nach Hause fahren lassen?“ Sein Fazit: „Die Taxi- und Mietwagenunternehmen sind gerade in der Fläche und in den Randzeiten das Rückgrat der öffentlichen Mobilität.“ Auch die Einführung einer Karenzzeit für Mietwagen zwischen der Auftragsannahme und der Auftragsdurchführung kritisierte Sokolovic mit den Worten „Das ist ein No Go für die Kunden, Patienten und unsere Betriebe!“.
GVN-Präsident Mathias Krage begrüßte die Teilnehmer und verwies in seiner Rede mit Stolz und Freude auf eine 75jährige Verbandsgeschichte. Der Präsident nahm aber auch Stellung zu jüngsten innenpolitischen Entwicklungen: „Wir erleben zurzeit ein unruhiges Fahrwasser. So sind die Schockwellen der Ereignisse in Thüringen auch auf bundespolitischer Ebene immer noch spürbar. Die Sache ist noch nicht ausgestanden. Politische Unsicherheit in Deutschland ist das Letzte, was die Verkehrswirtschaft jetzt braucht.“
Abschließend versprach GVN-Präsident Krage für 2021 eine Neuauflage des Parlamentarischen Abends unter dem Motto: „Eine Currywurst bitte!“.
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