Zukünftige Marktpositionierung ist wesentlicher Treiber der Antriebswende
Die wachsende Bedeutung von CSR-Strategien und die Notwendigkeit, sich auf den Logistikmärkten der Zukunft positionieren zu müssen, sind für Speditionshäuser wesentliche Gründe, in emissionsfreie Nutzfahrzeugflotten zu investieren. Dies ist Ergebnis einer repräsentativen gemeinsamen Markterhebung, deren Daten zu Chancen und Herausforderungen der Antriebswende im Straßengüterverkehr aus Anlass der IAA Transportation von dem DSLV Bundesverband Spedition und Logistik und der Deutschen Energie-Agentur (dena) vorab veröffentlicht werden.
Die Erhebung zeigt, dass es aus Sicht der teilnehmenden Unternehmen vor dem Hintergrund steigender Kundenerwartungen an eine nachhaltige Logistik vor allem wichtig ist, die eigene Marktstellung zu festigen und auszubauen. 86 Prozent der Unternehmen begründen ihre grundsätzliche Investitionsbereitschaft hiermit. 70 Prozent gaben an, eine eigene CSR-Strategie zu verfolgen. Für 57 Prozent war die bisherige staatliche Anschaffungsförderung (KsNI-Programm) ein zusätzlicher Impuls, in alternativ angetriebene Lkw-Flotten zu investieren. 22 Prozent sahen demgegenüber in der staatlichen Anschaffungsförderung einen zu geringen finanziellen Nutzen. 18 Prozent halten den administrativen Aufwand für zu hoch.
Hohe Lkw-Mautsätze für Verbrennerflotten und steigende CO2-Abgaben sind aus Sicht der Befragten derzeit ein eher untergeordnetes Motiv für die Anschaffung von Zero Emission Vehicle (ZEV). Lediglich 27 Prozent gaben wachsende Mautkosten für den Einsatz von Diesel-Lkw als Grund für einen Umstieg an.
Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass für den operativen Einsatz von ZEV-Flotten im Tagesgeschäft noch zahlreiche Hürden überwunden werden müssen. Erwartungsgemäß sind die unzureichende Ladeinfrastruktur und die hohen Anschaffungskosten für ZEV wesentliche Gründe für eine Investitionszurückhaltung. Dennoch signalisierten im Mittel rund 65 Prozent der befragten Unternehmen eine grundsätzliche Bereitschaft, in E-Lkw, Brennstoffzellenfahrzeuge oder Wasserstoffverbrenner zu investieren. Diese Zahl muss vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich an der Befragung mehrheitlich Unternehmen beteiligt haben, die sich bereits intensiver mit einer Transformation ihrer Flotten befasst haben (Selbstselektion), relativiert werden. Zudem ist die Investitionsbereitschaft bei Unternehmen mit größeren Lkw-Flotten erwartungsgemäß ausgeprägter als bei kleineren Transportunternehmen.
Das Interesse an batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) überwiegt bei 75 Prozent der Befragten. 62 Prozent erwägen auch den Einsatz von Wasserstoffverbrennungsmotoren und 56 Prozent planen, auch in Brennstoffzellenantriebe zu investieren. Konkrete Investitionsstrategien für die kommenden sieben Jahre haben 22 Prozent der teilnehmenden Unternehmen. Eine hohe Bedeutung messen die befragten Unternehmen gleichzeitig dem Einsatz alternativer Kraftstoffe bei. So planen 77 Prozent mit dem erneuerbaren Kraftstoff HVO100 den teilweisen Betrieb ihrer Bestandsflotten. Der Einsatz von Bio-LNG und Bio-CNG wird von insgesamt 30 Prozent weiterhin geplant. Die Bereitschaft für zukünftige Investitionen in gasbetriebene Fahrzeuge ist aufgrund der zurückliegenden sprunghaften Regulatorik und Planungsunsicherheiten im Vergleich zwar geringer ausgeprägt, doch planen noch 28 Prozent der Unternehmen in LNG-Lkw und 14 Prozent in CNG-betriebene Fahrzeuge zu investieren.
Hierzu DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster: „Bislang wurden politische Beschlüsse zur Dekarbonisierung kaum an den Bedarfen der Logistikbranche ausgerichtet. Erstmals liegen hierzu Aussagen der Anwenderseite vor, die den technologieoffenen Anspruch der Speditionshäuser an die Zukunft des Straßengüterverkehrs deutlich unterstreichen. Es gibt keine One-fits-All-Lösung für sämtliche Anwendungsfälle der Logistik. Für sehr schnelle CO2-Minderungen muss Politik auch Anreize für die Dekarbonisierung der Bestandsflotten durch alternative Kraftstoffe schaffen. Die Befragung zeigt zudem, dass die hohen Investitionen der Logistikbranche in ZEV-Flotten derzeit vor allem strategische Entscheidungen zur Kundenbindung und Marktpositionierung sind. Die staatliche Anhebung von CO2-Preisen als Lenkungsinstrument trägt eher weniger zur Beschleunigung der Flottentransformation bei. Offen ist, ob und wann sich die erheblichen finanziellen und organisatorischen Anstrengungen des Logistiksektors amortisieren. Null-Emissions-Logistik wird es zum Null-Tarif jedenfalls nicht geben können.“
Der endgültige Bericht der gemeinsamen Markterhebung des DSLV und der dena wird Anfang Oktober 2024 veröffentlicht.
Als Spitzen- und Bundesverband repräsentiert der DSLV durch 16 regionale Landesverbände die verkehrsträgerübergreifenden Interessen der 3.000 führenden deutschen Speditions- und Logistikbetriebe, die mit insgesamt 600.000 Beschäftigten und einem jährlichen Branchenumsatz in Höhe von 141 Milliarden Euro wesentlicher Teil der drittgrößten Branche Deutschlands sind (Stand: Juli 2024). Die Mitgliederstruktur des DSLV reicht von global agierenden Logistikkonzernen, 4PL- und 3PL-Providern über größere, inhabergeführte Speditionshäuser (KMU) mit eigenen LKW-Flotten sowie Befrachter von Binnenschiffen und Eisenbahnen bis hin zu See-, Luftfracht-, Zoll- und Lagerspezialisten. Der DSLV ist politisches Sprachrohr sowie zentraler Ansprechpartner für die Bundesregierung, für die Institutionen von Bundestag und Bundesrat sowie für alle relevanten Bundesministerien und -behörden im Gesetzgebungs- und Gesetzumsetzungsprozess, soweit die Logistik und die Güterbeförderung betroffen sind.
Quelle: DSLV_2024-09-18_PM